Lebenszeichen - Wolfgang Drießen:Asterix und Obelix

Eine meiner ersten Begegnungen mit den beiden unbeugsamen Galliern Asterix und Obelix endete eher unrühmlich. Mein älterer Cousin besaß eine komplette Geschichte. Ich glaube den Band VI, die „Tour de France“. Allerdings in französischer Sprache, also im Original. Mir machte das nichts. Ich schaute mir fasziniert die Bilder an, verstand nichts, wollte das Heft unbedingt haben, schob es mir unter den Pulli und wollte es mitnehmen. Natürlich wurde ich erwischt. Peinlich.
Meine Liebe zu den beiden sympathischen Comicfiguren ist trotzdem bis heute, fast 60 Jahre später, erhalten geblieben. Und ich frage mich, warum das eigentlich so ist.
Es gibt zum Beispiel kaum etwas Lustigeres, als sich unter Gleichgesinnten mit Asterix-Zitaten zu bewerfen oder Zitate raten zu lassen. Wer sich über Spielregeln nicht einigen kann, bemerkt ganz einfach: „Werfen oder Rollen?“ (Tour de France S.32) Wer jemandem mit ernsten Konsequenzen droht kann das tun mit dem Satz: „Ich lass dich alle halben Platten putzen von hier bis zum Circus Maximus in Rom“ (Der Arvernerschild S.25).
Und dann ist da natürlich die Kreativität der Autoren, ganz vorn der große René Goscinny, im Erfinden von lustigen Namen. Die Gallier alle mit „ix“ am Ende: Asterix, Obelix, Methusalix, Majestix. Die Römer natürlich mit „us, „Taubenus, Stopdenbus. Unvergesslich, der Häuptling der Normannen mit Namen Olaf Maulaf. Ich könnte endlos so weiter machen und mich königlich amüsieren. Und ich weiß, dass es viele gibt, denen es genauso geht. Und die jetzt mit mir ganz herrlich albern werden können, so wie man es eigentlich nur als Kind oder Halbwüchsiger sein kann. Zum Glück geht das noch, ein bisschen wenigstens.
Aber ich höre jetzt schon Obelix mit knallrotem Kopf brüllen: „Und die Botschaft? Was ist mit der Botschaft?“ (Kupferkessel S.30). Ja, die kommt jetzt irgendwie. Die Welt wird unbestritten immer komplizierter und unübersichtlicher. Und da stemmen sich seit sechzig Jahren zwei unbeugsame, sympathische Männer, der eine klein und listig, der andere groß und stark, („Ich bin nicht dick“), zusammen mit ihrem ganzen Dorf – das nicht aufhört dem Eindringling Widerstand zu leisten- gegen alles, was nach Veränderung riecht. Und sogar die Zeit bleibt bei ihnen stehen. Nämlich im Jahr 50 vor Christus. Und sie lösen all ihre Probleme, indem sie zusammenhalten und natürlich – bei Teutates - dank des Zaubertranks ihres Druiden Miraculix. Den haben wir leider nicht, aber zusammenhalten, das könnten wir schon. Und da wäre schon viel gewonnen. Am Ende wird dann immer alles gut. Man versammelt sich zu Hause mit den Freunden, es wird gegessen und getrunken und ein Fest wird gefeiert. Schöner geht es nicht. Und einfacher auch nicht. Es ist die „beste aller Welten“ die hier gezeigt wird. Am Ende wird einfach alles gut. Das ist die Botschaft seit über 60 Jahren. Und die funktioniert bis heute. Zumindest in den 45 Minuten, die ich brauche, um die immer gleiche Anzahl von 48 Seiten, die jede der mittlerweile 40 Geschichten umfasst, durchzulesen und anzuschauen. Um damit wieder etwas Energie und Lebensfreude zu tanken für die seltsamen Zeiten, die wir gerade durchleben.
Bis zum 15. Juni zeigt das Museum für Kommunikation in Berlin eine Ausstellung über den Zeichner Albert Uderzo und die beiden Superhelden Asterix und Obelix. Was mir als wichtige Botschaft bleibt: wir brauchen keine Angst zu haben, dass uns der Himmel auf den Kopf fällt. Das wird nicht geschehen – er wird immer wieder über uns allen aufgehen.