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Zwischenruf - Matthias Marx:Auf dem Teppich bleiben

Ermutigung und Lob gehen am besten Hand in Hand mit einer gesunden Herausforderung. Damit nicht alles immer hochgejubelt wird, damit wir auf dem Teppich bleiben.
Ein Kopfhörer liegt auf einem Buch, daneben steht eine Tasse mit Tee oder Kaffee
Datum:
13. Feb. 2024
Von:
Matthias Marx

Franck erzählt: „Es war Winter. An meinem neuen Haus liefen die Arbeiten, aber es gab noch keine Heizung. Ich wohnte am Wochenende bei meiner Mutter. Eines Morgens, beim Frühstück in der Küche, hörten wir im Radio eine Besprechung meines ersten erfolgreichen Buches. Der Kritiker verglich mich tatsächlich mit einem großen Autor!
Natürlich habe ich mich gefreut, war auf Wolke sieben – zum ersten Mal mein Name im Radio!
‚Was hältst du davon?‘ frage ich meine Mutter. ‚Untersteh dich, dein nächstes Buch in den Sand zu setzen…‘ antwortet sie ziemlich kühl. So ist sie, meine Mutter. Ein derartiger Kommentar bringt dich mit beiden Füßen zurück auf die Erde.
Ab und zu werde ich gefragt, ob der Erfolg mir nicht manchmal zu Kopf steigt. Dann erzähle ich diese Anekdote und jeder kapiert, dass ich davor gefeit bin.“

Das lese ich in einem Interview mit Franck Bouysse, einem in Frankreich bekannten Schriftsteller. Selbstverständlich war seine Mutter stolz auf ihren Sohn und seinen Erfolg. Aber sie zeigt es nicht mal indirekt.
Schade, könnte man denken. Doch ich glaube, dass die Ermutigung und das Lob am besten Hand in Hand gehen mit einer gesunden Herausforderung. Damit nicht alles immer hochgejubelt wird, damit wir auf dem Teppich bleiben. Ganz sicher tut ein Lob gut und wir brauchen es wirklich – aber genauso wichtig ist der Anstoß, sich nicht auf den eigenen Lorbeeren auszuruhen.

SR 1/2/3 - Zwischenruf:Auf dem Teppich bleiben