Zwischenruf - Birgit Wenzl-Heil:Das Leuchten des Alters

Gisela streckt die Zunge heraus. Ewald blickt versonnen. Edda hat ihren schönsten Hut angezogen. Und Gertrud küsst ihr Kuscheltier. Sie sind zwischen 70 und 100 Jahre alt und auf Fotos von Johannes Bichmann zu sehen. „Das Leuchten des Alters“ heißt sein Fotoprojekt, dass er mit der Caritas Oldenburg durchführt. Persönlichkeit statt Pflegebedürftigkeit zeigen – darauf kommt es den Machern des Kunst-Projekts an. Der Fotograf erklärt: „Wir vergessen oft und gerne, dass sich hinter dem Apparat "Pflege" Individuen verbergen. Ich möchte mit meinem Projekt (…) dem wichtigen Bereich der Altenpflege helfen, mehr Sichtbarkeit in der Gesellschaft zu erlangen.", so der Fotograf. Kennengelernt hat er den Bereich im Zivildienst. Danach war er als Modefotograf weltweit unterwegs. Doch auf Dauer erfüllte ihn das nicht. Inzwischen ist er sesshaft geworden und hat ein eigenes Geschäft. Seit 2011 besucht er als Hobby Altenheime mit einem mobilen Fotostudio. Er sagt: „Ich versuche meine Kunst, die für so viel Quatsch eingesetzt werden kann, zum Beispiel dafür, damit teure Mode zu verkaufen, anders zu nutzen. Ich versuche, Seelen zu fotografieren und auch mit Seele zu fotografieren.“ Das sieht man nicht nur den Bildern an. Das merkt man auch, wenn zu den Menschen, die er fotografiert, schnell Nähe entsteht. Es wird gelacht und Freude wird spürbar. „Ich will etwas zurückgeben. Für das Glück, mit meiner Leidenschaft Geld verdienen zu können.“ Und so schenkt er aus eigener Dankbarkeit den älteren Menschen einen warmen Blick auf sich selbst. Und den Angehörigen ein berührendes Andenken. Denn auch wenn viele seiner Senioren-Models inzwischen schon verstorben sind: Das Leuchten ihrer Seelen auf den Portraits bleibt.