Zwischenruf - Matthias Marx:Der “Nichtstuer”

Ein französischer Herrscher bekam den Beinamen: der Nichtstuer. Angeblich hat er in den nur vierzehn Monaten seiner Regierungszeit buchstäblich nichts zustande gebracht.
Ein König als Nichtstuer, sagen wir als Nichtsnutz… da kann man doch fast dankbar sein, angesichts heutiger Staatschefs: besser gar nichts als das, was die tun!
Doch im Ernst: unsereins, im eigenen Leben, wüsste doch gerne, wann es nötig ist, etwas zu tun, und zwar eine Menge zu tun – und wann es besser ist, erst einmal gar nichts zu tun und auch besser den Mund zu halten. Die große Frage: wann was – oft gar nicht leicht zu entscheiden.
Die beiden Extreme davon kennen wir gut: einerseits die sogenannte Betriebsnudel, hyperaktiv und kaum zu bremsen – andererseits den schläfrigen, antriebslosen Typus – kommst du heut nicht, kommst du morgen.
Die Jesuiten haben in ihrem Programm eine ganz wichtige Regel – die sogenannte „Unterscheidung der Geister“. Gemeint ist die sorgfältige Überprüfung und Abwägung des Einerseits und Andererseits, das wäre schon einmal eine Frage der Klugheit – aber darüber hinaus geht es ebenso um gute Maßstäbe, die helfen, den Willen Gottes zu erkennen und eigenmächtiges Tun auszubremsen.
Das wäre doch eine hervorragende Errungenschaft für uns alle, wie für große Entscheidungsträger. Der eben genannte König Ludwig V., genannt Nichtstuer, hat sicher wenig davon gewusst. Vielleicht ist der Beiname auch ganz unfair, denn dieser König starb mit zwanzig Jahren bei einem Unfall und hatte überhaupt keine Lebenserfahrung. Vielleicht hatte er viel zu viel Angst, irgendwas falsch zu machen.
In jedem Fall ist es ein großer Unterschied, ob ich ein hemmungsloser Faulpelz bin, oder einfach noch nicht genug gelernt habe.
In Halle an der Saale gibt es ein Institut, mit einem Leitwort, das ich großartig finde: „Trägheit kommt nicht in Frage“.