Zwischenruf - Martin Wolf:Erlassjahr

Rund eintausend Milliarden Euro neue Staatsschulden und kaum einer regt sich darüber auf. Vielleicht auch deshalb, weil ein Land wie unseres sich diese astronomische Summe leisten kann - sagen jedenfalls die meisten Ökonomen.
Ganz anders sieht das in vielen armen Ländern aus. In Sri Lanka oder Mosambik etwa. Länder, die so hoch verschuldet sind, dass sie da alleine nicht mehr rauskommen. Weil das, was sie erwirtschaften, zum großen Teil von den Zinsen aufgefressen wird. Geld, dass dann nicht mehr im Land investiert werden kann. Ein Teufelskreis. Diese Länder und die Millionen Menschen, die dort leben, kommen so auf keinen grünen Zweig.
Deshalb haben 35 zivilgesellschaftliche Organisationen nun eine Kampagne angestoßen: Erlassjahr 2025. Dass viele dieser Organisationen aus dem Bereich der Kirchen kommen, ist kein Zufall. Ein Erlassjahr ist nämlich eine uralte Forderung der Bibel. (Lev 25,8-55) Alle 50 Jahre, so heißt es da, sollen alle ihre Schulden erlassen bekommen, verpfändete Grundstücke den Schuldnern zurückgegeben werden. Weil in der Vorstellung der Bibel das Land Gott gehört und vor Gott alle Menschen gleich sind. Eine Art Reset also für Gesellschaft und Wirtschaft.
Nun leben wir nicht mehr in biblischen Zeiten. Ein genereller Schuldenerlass für alle wäre auch kaum sinnvoll. Was es aber dringend braucht: Ein weltweites, faires Insolvenzverfahren für Staaten. Und dazu gehört eben auch, ihnen den Großteil ihrer Schulden zu erlassen. Oft ihre einzige Chance.