Zwischenruf - Bernhard Marondel:Kant zum 300. Geburtstag
An Kant kommt keiner vorbei, selbst Gott nicht. Immanuel Kant, DER Philosoph der Aufklärung, prägt unsere Gegenwart mehr als uns bewusst ist. Heute ist sein 300. Geburtstag. Würde er noch leben, er wäre vermutlich nicht auf seiner eigenen Geburtstagsparty, sondern auf einer Demo. Denn heute ist auch Earth day, Tag der Erde. Da geht es um unsere Verantwortung für die Zukunft, um vernünftige Entscheidungen und um moralisches Handeln. Verantwortung, Vernunft und Moral…Dafür würde Kant sicher auf die Straße gehen.
Dabei ist Kants „Kategorischer Imperativ“ wegweisend und lässt sich mühelos mit der Goldenen Regel aus der Bibel erklären: “Alles, was du also von anderen erwartest, das tue auch für sie.” So einfach ist das. Auch seine Forderung, dass der “Mensch nie Mittel zum Zweck, sondern immer nur Zweck an sich sein darf”, ist ganz dicht am biblischen Menschenbild. Die Freiheit des eigenen Denkens war ihm wichtig. Darum lautet einer seiner berühmtesten Sätze: Sapere aude! Wage es, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Kant traut den Menschen zu, selbst zu denken und in Freiheit und Verantwortung Entscheidungen zu treffen. Das macht letztlich dessen unverlierbare Würde aus. Kritisches Denken…Im Zeitalter von Social Media, Algorithmen und Fake News eine mehr als aktuelle Forderung.
Und die Gretchenfrage, die Frage nach Religion und Gott? Da ist Kant nicht so eindeutig festlegbar. Die klassischen Gottesbeweise lehnte er ab. Sie seien nicht zielführend. Gleichzeitig aber forderte er in seinem Gottespostulat die Existenz Gottes ein, weil sonst Moral im Letzten nicht erfüllbar wäre. Ganz vereinfacht und gefährlich simpel ausgedrückt könnte man sagen: Ohne Gott kein Gebot. Doch spätestens hier würde Kant widersprechen und sagen: Das ist jetzt aber doch zu einfach gedacht. Darum höre ich hier besser mal auf und sage nur noch: An Gott kommt keiner vorbei, selbst Kant nicht.