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Zwischenruf - Matthias Scheer:Kindheitsgeschichten – schön und wichtig

Es ist gut, wenn man Freunde hat, mit denen man gemeinsam alte Geschichten aufleben lassen kann.
Ein Kopfhörer liegt auf einem Buch, daneben steht eine Tasse mit Tee oder Kaffee
Datum:
7. Okt. 2024
Von:
Matthias Scheer

„Kennen Sie ‚Arschkratzer‘“? – fragt mich ein 95-jähriger Mann sichtlich amüsiert. Und spricht weiter: „Als Kinder haben wir im Herbst die Hagebutten aufgebrochen, die Kerne gesammelt und sie dann anderen hinten unters T-Shirt gesteckt. Das war ein Spaß.“ Und, ja klar kenne ich diese kratzigen Kerne. Einmal unterm Hemd juckt es und je mehr man kratzt, umso weiter rutschen die Dinger den Rücken entlang nach unten - woher sie auch ihren besonderen Namen haben.
 „Wir haben das mal bei unserem Lehrer gemacht, das gab Ärger, aber das war es uns wert“, lacht und erzählt er. „Und wissen Sie“, sagt er zu mir, „ich kann ihnen diese Geschichten aus Kindertagen erzählen, aber mir erzählt sie niemand mehr.“ 
Aus dem Krieg kam nur eine Handvoll seines Jahrgangs zurück und er ist der Letzte, und das schon seit 32 Jahren. Seither kann ihm niemand mehr Geschichten aus gemeinsamen Kindertagen erzählen.
Wenn er so mir seine „Stories“ erzählt, dann ertappe ich mich dabei, dass ich selbst anfange in Erinnerungen zu schwelgen. Und ich spüre, wie gut es ist, alte Freunde zu haben und sich die alten Geschichten zu erzählen. Und neulich erst traf ich einen Freund, den ich auch schon mein halbes Leben nicht mehr gesehen habe. Er erzählt und ich erzähle, blitzschnell vergeht die Zeit und plötzlich fällt mir ein, dass er mir auch mal Hagebuttenkerne ins T-Shirt steckte. Na warte, mein „Freundchen“, denk ich und freue mich aufs nächste Treffen.

SR 1/2/3 - Zwischenruf:Kindheitsgeschichten – schön und wichtig