Zwischenruf - Lisa Olschewski:Laut leise werden
„Ich weiß genau, wie es damals angefangen hat. Ich bin entsetzt, dass ich das heute erleben muss.“ Margot Friedländer, deutsche Holocaust-Überlebende. Sie erscheint diesen Monat auf dem Cover der deutschen Vogue.
Heute jährt sich das missglückte Attentat von Claus Schenk Graf von Stauffenberg auf Adolf Hitler zum 80. Mal. Es ist ein Gedenktag für den Widerstand gegen das nationalsozialistische Terrorregime. Gerade jetzt, wo nationalistische Tendenzen Europa beherrschen, zeigt dieser Tag, wie wichtig es ist, seine Stimme gegen Unrecht, Menschenfeindlichkeit und Rechtspopulismus zu erheben. Die drängendste Frage in der aktuellen Politik des In- und Auslandes lautet wohl, wie es gelingen kann, extremen oder extrem-rechten Positionen zu begegnen und diese nicht mehrheitsfähig zu machen. Und hier ist es vielleicht nicht nur wichtig laut zu werden, sondern auch mal wieder ganz leise und zu lernen, zuzuhören und Widerspruch auszuhalten. Eins haben die vergangenen Monate gezeigt: Bloßer Widerspruch und getrennte Lager bringen die Gesellschaft nicht zusammen.
Vielleicht findet man im Zuhören, im Leisesein, den Mut, Probleme ansprechen zu dürfen, ohne menschenfeindlich zu werden. Und dabei können wir von Margot Friedländer lernen, wenn sie sagt: Schaut nicht auf das, was euch trennt. Schaut auf das, was euch verbindet.