Zwischenruf - Bernhard Marondel:Markus
Hoffentlich können sie schwimmen, die Löwen von Venedig. Davon gibt es in der Lagunenstadt jede Menge. Die venezianischen Löwen sind natürlich aus Marmor und anderen Steinen. Hoffnungslose Nichtschwimmer. Sie sind das Wappentier der einst mächtigen Handelsstadt. Der Grund für die vielen Löwendarstellungen liegt begraben im mächtigen Dom der Stadt. Man sagt, dass hier die Gebeine des Heiligen Markus liegen. Seit altersher wird er mit einem Löwen dargestellt. Dem Evangelisten Markus ist es zu verdanken, dass die Botschaft des Jesus von Nazareth bis heute weitergegeben werden konnte. Heute ist sein Namensfest. Seit fast 2000 Jahren erinnert man sich an den ersten Evangelisten. Aber wie das so ist mit den alten Geschichten…Nichts Genaues weiß man nicht. Viele Legenden ranken sich um den Verfasser des ersten Evangeliums. Man hört vom Märtyrertod des Bischofs Markus, vom Diebstahl und Schmuggel seiner Gebeine; ja auch davon, dass die Reliquien für fast 100 Jahre verschollen waren und auf wundersame Weise wieder auftauchten. Was davon stimmt? Nun, den Venezianern ist es egal, denn sie lieben ihren Heiligen, den Markus und ihren Markusdom. Darum sagen sie mit einem verschmitzten Lächeln: Wenn es nicht stimmt, dann ist es gut erfunden. Und heute am Gedenktag des Heiligen Markus werden sie in der Lagunenstadt ihren Schutzpatron wieder feiern.
Hoffentlich werden sie das noch lange tun können. Denn es besteht die Gefahr, dass Venedig in den Fluten des Meeres versinkt; zusammen mit den vielen steinernen Löwen. Und auch das Grab des Evangelisten samt der Kathedrale könnte eines Tages untergehen.
Sein Evangelium aber, die Frohe Botschaft Jesu, wird auch das überleben. Da bin ich mir ziemlich sicher.