Zwischenruf - Martin Wolf:Mein Nächster
Als gläubiger Mensch fühle ich mich Leuten, die so wie ich an Gott glauben und in die Kirche gehen spontan erstmal verbunden. Ist irgendwie normal. Als Mitglied einer Partei sind mir die eigenen Parteianhänger ja auch näher als die der Konkurrenz. Und als Fan von Mainz 05 mag ich andere Mainz-Fans sicher auch mehr als zum Beispiel die Anhänger des VfB Stuttgart. Und doch ist das nur der erste Blick. Ein zweiter lohnt sich immer.
In meiner Kirche zum Beispiel gibt es Leute, die zwar auch an Gott glauben, mir mit ihren Ansichten aber mächtig gegen den Strich gehen. Und wie oft erlebe ich stattdessen, dass mir einer, der vielleicht gar nicht glaubt, menschlich aber ziemlich nahesteht. Weil wir ähnlich ticken. Weil wir dieselben Filme oder Bücher lieben. Weil wir dieselben Werte haben, die uns wichtig sind im Leben. Denn darauf kommt es an.
Das hat sogar Jesus so gesehen. All die Menschen, die im Sinne Gottes leben, die seien seine Geschwister, hat er sinngemäß mal gesagt. Ihm war egal, wer sie waren, was sie vorher gemacht haben, welche Nationalität sie hatten. Weil für ihn der Mensch gezählt hat, jeder Mensch. Und nicht die richtige Clique oder Parteizugehörigkeit. Ich merke selbst, dass das oft mühsam ist, mir einiges abverlangt. Weil ich meine eigene Blase, den Tellerrand, der mir Sicherheit verspricht, auch mal überwinden muss. Am Ende aber kann ich gewinnen. Einen weiteren Horizont sowieso und vielleicht sogar einen neuen Freund.