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Lebenszeichen - Wolfgang Drießen:Vom Krieg

Krieg passiert dann, wenn Politik versagt. Und je dümmer die Politiker der einen Seite sind, umso klüger sollten die der anderen Seite handeln, um Krieg zu verhindern.
Man sieht kleine grüne Pflanzen, die gerade begiinngen zu wachsen
Datum:
17. Aug. 2024
Von:
Wolfgang Drießen

Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln – so hat der preußische General und Militärwissenschaftler Carl von Clausewitz 1832 den Krieg definiert. Lieber Herr Clausewitz, ich sehe das anders. Krieg passiert dann, wenn Politik versagt. Und je dümmer die Politiker der einen Seite sind, umso klüger sollten die der anderen Seite handeln, um Krieg zu verhindern. Was das heute ganz konkret mit Blick auf Russland, die Ukraine und alle deren Verbündete bedeutet, kann sich jeder ausrechnen. Und ob der Israel/Palästina Konflikt von Klugheit bestimmt ist, wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Was passieren kann, wenn Politik versagt, hat Europa in den letzten hundert Jahren schmerzlich erleben müssen. Erinnert wird man bis heute überall daran, man muss nur die Augen offenhalten. Vor einiger Zeit habe ich in der Kirche Maria Himmelfahrt in Quierschied im Saarland vor der Gedenktafel für die Opfer des ersten Weltkrieges gestanden. Über 200 Namen sind hier aufgeführt. Man kann sich das Leid eigentlich gar nicht vorstellen. 200 Männer allein aus einem Ort im Saarland. Menschenleben waren nichts wert in diesen Zeiten. Und das galt für alle Kriegsparteien. 

Warum ich heute darüber rede? Weil es einfach notwendig ist. Und weil ich kürzlich von einer Friedensinitiative gelesen habe, die im August 1917 der damalige Papst Benedikt XV. mitten im ersten Weltkrieg gestartet hatte. Der Krieg war im dritten Jahr. Die Siegesgewissheit war auf allen Seiten verflogen. Die Zeit schien günstig zu sein. Anfang August wurde den kriegführenden Regierungen die Friedensinitiative mit dem Titel „Des le début“ zugestellt. Darin mahnt Benedikt XV., dass an die Stelle der „materiellen Gewalt der Waffen“ nunmehr „die moralische Macht des Rechts“ treten solle. 

Er schreibt: „Soll denn nun die zivilisierte Welt nurmehr ein Leichenfeld sein? Soll Europa, so ruhmreich so blühend, wie von einem allgemeinen Wahnsinn fortgerissen, in den Abgrund rennen und die Hand gegen sich selbst wenden zum Selbstmord?“ Das sind scharfe Worte. Aber so redet der Papst den Regierenden ins Gewissen. Und er hat allen Grund dazu. Gerade hatte in Nordfrankreich die dritte Flandernschlacht begonnen. An deren Ende sind 650.000 Männer tot, verwundet, vermisst. Ohne erkennbare Gewinne für beide Seiten. Wahnsinn!

In England, Frankreich und Deutschland – überall weiß man damals, dass es so nicht weitergehen kann. Aber selbst jetzt will keine Seite zurückstecken. Niemand ist bereit, dem anderen auch nur einen Schritt entgegenzukommen. Und die deutschen Bischöfe stellen sich gegen ihren Chef in Rom und warnen noch im November 1917 vor einem Frieden "als Judaslohn für Treubruch und Verrat am Kaiser".
Damals ist der Versuch des Papstes, Frieden zu stiften, gescheitert. Aber Benedikt XV.  legte damit den geistigen Grundstein für einen strikten Pazifismus der Päpste bis heute. 
Viele werden denken: Wir haben doch unsere Lektion gelernt, kann man diese ganzen Kriegsthemen jetzt nicht einfach mal ruhen lassen? Nein, das kann man nicht. Das ist meine ganz persönliche Meinung. Denn Menschen sind fürchterlich vergesslich. Und die aktuellen Kriege und Auseinandersetzungen machen mir durchaus Angst. Es sind die Fehler in Politik und Gesellschaft, die zu solchen Kriegen führen. Die dürfen sich nicht wiederholen. Das sind wir den Millionen Toten der Kriege schuldig, und mehr noch uns, den Lebenden. Denn uns allen sollte so ein Schicksal erspart bleiben.

SR 2 Lebenszeichen:Vom Krieg