Zwischenruf - Wolfgang Drießen:Was piept denn da?
Ich habe eine Vogelstimmen-App auf dem Handy. Die macht mir richtig Spaß. Die App nimmt die Vogelstimmen der Umgebung auf, analysiert sie und zeigt mir dann die Ergebnisse an. Mit Bild vom Vogel. Den sieht man ja in der Regel nicht, hört ihn nur irgendwo in den Ästen pfeifen. Seitdem bekomme ich einen ganz guten Eindruck von der Welt, die da um mich herumflattert und piept. Der Zaunkönig zum Beispiel ist so klein, dass ich ihn in seiner Hecke so gut wie nicht sehen kann. Und von der Mönchsgrasmücke habe ich bis vor kurzem noch nicht mal gewusst, dass es sie gibt. Nachtigall und Grauschnäpper, Gartenrotschwanz und Rotkehlchen, Gartenbaumläufer, Stieglitz und noch viele andere unserer heimischen Singvögel habe ich mittlerweile so näher kennengelernt. Ich erzähle davon, weil ich gemerkt habe, dass ich dadurch aufmerksamer geworden bin, wo und wie die Vögel in unserer Umwelt leben. Leider braucht man ja keine Statistiken um zu merken, dass der Vogelbestand in Europa massiv zurückgegangen ist. Denn den Vögeln wird erbarmungslos ihr Lebensraum streitig gemacht. Und die meisten von uns merken das überhaupt nicht. Der Theologe Leonardo Boff hat einmal gesagt: Es ist dringend nötig, dass der Mensch ein neues Bündnis mit der Erde eingeht. Das stimmt. Aber dazu muss ich erst einmal wissen und kennen, was da alles auf unserer Erde lebt und Platz braucht. Meine Vogelstimmen-App hilft mir dabei. Denn jetzt weiß ich etwas besser, was man da unter Umständen unwiderruflich kaputt macht. Und sollten Sie mich demnächst am Wegesrand knien und mit dem Smartphone rumfuchteln sehen, dann wundern sie sich nicht: ich habe mir jetzt auch eine Blumen- und Pflanzen-App aufs Handy geladen.